Texte
Ich schreibe, gerade weil ich weiß, wie leicht wir Gedanken mit dem verwechseln, was im Moment wahrgenommen wird. Worte sind weder das, was sie beschreiben noch die Leere des Bewusstseins, aus der sie auftauchen. Hier biete ich Texte an – für Zeitungen, Hörfunk, TV - als Journalist, Redakteur, Lektor, Ghostwriter.
Eine kleine Geschichte aus meinem Buch „Der Siebte Tibeter“
Es war noch still. Sie hatten sich für die Nacht einen gut geschützten Platz ausgesucht. Ranga war bereits wach. Sie saß mit dem Rücken am Felsen angelehnt und schaute über das dunkle Tal. Hinter dem Berg auf der anderen Seite zeichnete sich ein schmaler fahler Lichtstreifen ab. Ein neuer Tag brach an. Der erste Vogel begann sein Morgenlied. Schon bald setzte das ganze Orchester des Waldes ein. Ranga räkelte sich beruhigt. Keine Gefahr. Der kühle Stein im Rücken tat gut.
Doch plötzlich verstummten die Stimmen. Ranga schreckte auf. Ihre feine Nase nahm den scharfen Geruch auf. Alles in ihr war wie ein heller Blitz. Das tiefe „Hum, Hum,“ brach aus ihr heraus wie der Donner. Die anderen sprangen auf. Vier Männer, sechs Frauen und drei Kinder, die zwei kleinen klammerten sich an die Brüste ihrer Mütter. Alle starrten auf die dichten Büsche zehn Meter vor ihnen. Die Männer sprangen aufgeregt hin und her. Sie schrieen durcheinander.
Ranga sah dem Leoparden direkt in die Augen. Sie fühlte keine Angst. Eine unbekannte Ruhe und Kraft war in ihr erwacht. Ihr „Hum, Hum“ kam nun ganz gleichmäßig. Sie war die Anführerin ihrer Horde. Alle anderen folgten ihrem Rhythmus. „Hum, Hum, Hum“. Sie wussten nicht, was da geschah. Doch sie spürten: Das war ungeheuerlich! Welche Kraft, welche Macht lag in diesem gleichmäßigen, vereinten Laut! Der Leopard wich zurück. Sie hatten gesiegt. Allein durch die Macht der Stimme!